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Sarah Wedenig: "EIN SPRECHENDER KATER UND GRÜNTEE MIT ZITRONE" (Kurzgeschichte)

Hierbei handelt es sich um eine Kurzgeschichte, die beim Kurzgeschichtenwettbewerb der AniNite 2023 eingereicht wurde. Der Text stammt direkt von dem/der Autor:in und wurde vom Verlag nicht verändert. Das Thema des Wettbewerbs lautete "Zum Glück war dort ein Getränkeautomat".

Viel Spaß beim Lesen!


Diese Geschichte ist mit 40 von 50 Punkten auf Platz 4! Herzlichen Glückwunsch!

 

Text: Sarah Wedenig
Genre: Fantasy

Ein sprechender Kater und Grüntee mit Zitrone



“Das war ganz schön knapp!”, stieß Leah hervor. Sie war immer noch außer Atem und hustete vom dichten, vielfarbenen Rauch, der sie komplett umhüllte. “Warum aktiviert sich der Teleport immer erst in letzter Sekunde?” Sie klopfte sich den Staub von ihrer Kleidung und bemerkte, dass sie vor Aufregung noch immer schauderte.

Die bauschige Rauchschicht verflüchtigte sich allmählich und wurde von einem warmen Wind weggetragen. Neben ihr erhob sich ein zustimmendes Miauen. Das Silberschwert hatte sich in den schwarzen Regenschirm zurückverwandelt, den sie vor einem Monat gestohlen hatte. Eigentlich hatte sie anfangs auch nicht die Intention gehabt ihn zu behalten, damals hatte Leah keinen Schimmer davon gehabt, welche Kräfte sich darin verbargen. Weltbewegende Kräfte, im wahrsten Sinne des Wortes! Ein bisschen plagte sie immer noch ein schlechtes Gewissen. Immer wieder redete sie sich ein, dass sein Vorbesitzer sicher nichts von diesen Kräften wusste. Leah spannte den Schirm ab und wickelte das Bändchen herum. Sie stützte sich leicht darauf und nahm sie sich einen Moment, um durchzuatmen. Nichts an dem Schirm wirkte wie aus der Welt gefallen, außer vielleicht sein Knauf, der sie im entferntesten Sinne an einen Hund erinnerte. Der rote Kater schmiegte sich schnurrend um ihre Beine. Sie hockte sich hin und kraulte ihn zwischen den Ohren. “Zwischen den Welten zu springen wäre ja nicht spannend genug ohne diesen zusätzlichen Nervenkitzel, habe ich Recht?”

Dann erst sah sich Leah verwirrt um. Doch so sehr sie sich anstrengte, sie erkannte ihre Umgebung einfach nicht. Niemand befand sich auf den Straßen. Kein Geschäft hatte noch geöffnet. Es war, als gäbe es niemanden außer ihr und die roten Fellkugel. Die Welt war in goldenes Licht getaucht. Die Hitze des endenden Tages lag noch in der Luft und ein malerischer, mit Wolkenfetzen versehener Himmel breitete sich über ihr aus. Die schwere Luft trieb ihr Schweißtropfen auf die Stirn.

“Ach, komm schon!”, seufzte sie ungläubig. “Normalerweise kommen wir immer an derselben Stelle raus.” Leah stand auf und steckte sich eine losgelöste, rötlich blonde Strähne hinters Ohr. Der Kater machte sich zielstrebig auf den Weg die Straße runter. Sie beschloss ihm zu folgen. Merkwürdig wie sich ihr Leben in einem Monat auf dem Kopf gestellt hatte. Niemand würde mir glauben.

Sie erinnerte sich noch bildhaft an diesen grauen Regentag, der hätte sein können wie jeder andere davor. Doch an diesem Tag borgte Leah sich einen Regenschirm für den Heimweg. Ich schaue nie auf den Wetterbericht, auch wenn er nur einen Klick am Smartphone entfernt wäre.

„Lange Geschichte, kurzer Sinn – es gab einen Unfall, bei dem ein Kater und ich in eine völlig fremde Welt gezogen wurden.“ Sie kicherte bei der Vorstellung, wie andere reagieren würden.

„In dieser Welt konnte die rote Flauschkugel plötzlich sprechen und nun sind wir gemeinsam auf der Suche was in allen Welten das eigentlich bedeutet“, führte sie ihr imaginäres Gespräch fort.

Doch weltenbewegende Probleme hin oder her, all das rückte für Leah gerade in den Hintergrund. Das Wegrennen und die Hitze hatten ihren Mund völlig ausgetrocknet. Ihre Zunge fühlte sich an wie Sandpapier und sie war unendlich müde. Weit und breit keine Menschenseele. Der Ort wirkte nicht verlassen, eher wie ein Vorort in dem das tägliche Treiben schon zu Ende gegangen war. Der Kater eilte mit hoch erhobenem Schweif weiter voraus.

Der Kater bog plötzlich um eine Hausecke. Im Laufschritt eilte ich hinterher, um ihn nicht zu verlieren. Doch da saß er ruhig, den Schwanz über die Vorderpfoten gelegt und blickte zu Leah hoch. Neben ihm summte ein Getränkeautomat und Leah durchflutete Erleichterung. Eine Weltenspringerin zu sein machte durstig. Sie warf ein paar Münzen in den Automaten, die sie aus der Hosentasche kramte und lehnte ihren Kopf gegen das kühle Glas, während sie abwartete. Kühler Grüntee mit Zitrone und in dem Moment war sie sich sicher, noch nie etwas Besseres getrunken zu haben. „Zum Glück gibt es hier zumindest einen Getränkeautomaten!“, rief sie dem Kater zu, welcher zustimmend miaute.

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